Kreditmärkte: Stärke unter der Oberfläche, Vorsicht darüber

Solide Grundlagen in einer fragilen Welt

Die globalen Kreditmärkte sind bemerkenswert stark in das letzte Quartal 2025 gestartet. Die Fundamentaldaten der Unternehmen bleiben robust: Die Gewinne in den meisten Sektoren haben positiv überrascht, die Verschuldung ist gering, und die Bilanzen sind solide – im Gegensatz zu den Staatsbilanzen, deren Verschuldung weiterhin hoch ist. Dieses ungewöhnliche Muster – dass Unternehmen mehr finanzielle Disziplin zeigen als Regierungen – erklärt, warum die Kreditspreads so eng geblieben sind.

Das Ratingmomentum bleibt positiv, und die Ausfallraten sind überschaubar. Im High-Yield-Segment sind inzwischen rund 60 % der Emittenten mit „BB“  [1], bewertet – ein klarer Trend zu höherer Qualität. Die durchschnittliche Duration [2] von etwa drei Jahren stützt die Anlageklasse zusätzlich, da sie die Zinssensitivität begrenzt.

 

Globale High-Yield-Index-Ratingverteilung

 

Globale High-Yield-Duration

Insgesamt bleiben die finanziellen Kennzahlen der Unternehmen solide, die Liquiditätspuffer sind ausreichend, und die Refinanzierungsrisiken begrenzt. Vor dem Hintergrund eines schwachen Wachstums und zunehmender fiskalischer Ermüdung bietet Unternehmensanleihen weiterhin eines der attraktivsten Risiko-Ertrags-Profile im Bereich der festverzinslichen Anlagen.

  • Charudatta Shende
    Head of Client Portfolio Management Fixed Income and Fixed Income Strategist

Technische Rückenwinde halten den Markt stabil

Das technische Umfeld für Kredite bleibt stark. Sowohl Investment Grade (IG) als auch High Yield (HY) verzeichnen seit Jahresbeginn erhebliche Zuflüsse, da Investoren verstärkt über Fonds in diese Anlageklasse zurückkehren.

Im Investment-Grade-Segment war das Emissionsvolumen hoch, doch die Aufnahmefähigkeit des Marktes hat sich als beeindruckend erwiesen. Die Nachfrage ist breit gefächert und tief verwurzelt, was das Vertrauen der Investoren in die Widerstandsfähigkeit der Unternehmensbilanzen widerspiegelt.

Im Gegensatz dazu profitiert der High-Yield-Markt von einem begrenzten Nettoangebot. Ein Großteil der jüngsten Emissionen – insbesondere im September – diente der Refinanzierung bestehender Schulden, nicht der Kapitalaufnahme. Diese Angebotsknappheit, kombiniert mit stabilen Zuflüssen, stützt die Bewertungen und stabilisiert die Marktdynamik.

Das Ergebnis ist eine kraftvolle Kombination: starke Nachfrage, überschaubares Angebot und zunehmendes Vertrauen der Investoren in Kredite als attraktive Einkommensquelle in einer weiterhin makroökonomisch unsicheren Welt.

 

 

Diese Entwicklung ist mehr als nur ein politisches Randthema – sie trifft den Kern des globalen Marktvertrauens. Sollte die Unabhängigkeit der Fed beschnitten werden, könnte ihre Fähigkeit, in Stressphasen schnell und entschlossen zu handeln, beeinträchtigt werden. Zudem würde jede Wahrnehmung, dass geldpolitische Entscheidungen von kurzfristigen politischen Interessen beeinflusst werden, die Glaubwürdigkeit der Institution schwächen – gerade zu Beginn eines Zinssenkungszyklus.

Ein solcher Vertrauensverlust hätte weitreichende Folgen: höhere Risikoprämien, größere Volatilität und sinkendes Vertrauen in politische Sicherheitsnetze. Für die Kreditmärkte, deren Preise und Stimmung stark von der Zuverlässigkeit der Zentralbanken abhängen, stellt dies ein bedeutendes systemisches Risiko dar.

Hinzu kommt ein Paradox: Volatilitätsindikatoren wie VIX und MOVE sind im Jahresverlauf gesunken[5], während die Spreads eng bleiben. Diese Kombination – niedrige Risikoprämien und geringe Volatilität – signalisiert oft Marktsorglosigkeit oder gar Übermut.

Qualität, Flexibilität und Disziplin: Die nächste Phase für Kreditmärkte

Dieses Umfeld erfordert einen differenzierten, Bottom-up-orientierten Ansatz. Da die Streuung zwischen Emittenten wahrscheinlich zunimmt, müssen Investoren auf tiefgehende Fundamentalanalyse setzen, um widerstandsfähige Emittenten von anfälligeren zu unterscheiden. Sektor- und Emittentenauswahl werden erneut die Haupttreiber der Performance sein.

Sowohl Investment Grade als auch High Yield bleiben aus fundamentaler Sicht interessant – gestützt durch solide Bilanzen, gesunde Cashflows und attraktive Renditen. Doch der Weg nach vorn wird von höherer Streuung und größerer Unsicherheit geprägt sein, was aktives Management und gezielte Kreditauswahl unerlässlich macht.

Eine erfolgreiche Kreditstrategie in dieser Phase basiert auf drei Prinzipien:

  • Strenge Fundamentalanalyse – zur Identifizierung starker Geschäftsmodelle und robuster Kapitalstrukturen.
  • Dynamische Allokation und Flexibilität – über Ratings, Regionen und Strukturen hinweg, um relative Werte zu nutzen.
  • Diszipliniertes Risikomanagement – Diversifikation und Durationssteuerung zur Wahrung der Konvexität.

Der Kreditmarkt Ende 2025 bietet Chancen und Risiken in gleichem Maße. Die Fundamentaldaten sind beruhigend, die technischen Faktoren stark und die Renditen attraktiv. Doch unter dieser Stärke liegt ein komplexes makroökonomisches Umfeld, das Demut und Präzision erfordert.

Kurz gesagt: Kredit bleibt ein lohnendes Anlagefeld – vorausgesetzt, man nähert sich ihm mit Urteilsvermögen statt Selbstzufriedenheit.

[1] Quelle: Bloomberg, ICE BoA Index per 26. September 2025
[2] Quelle: Bloomberg, ICE BoA Index per 26. September 2025
[3] Quelle: Bloomberg, ICE BofA Euro Corporate Index, 29. September 2025
[4] Quelle: Bloomberg, ICE BofA Euro High Yield Index, 29. September 2025
[5] Quelle: Bloomberg. Die VIX- und MOVE-Indizes messen die Marktvolatilität – der VIX für US-Aktien und der MOVE für US-Staatsanleihen. Sie werden aus den Optionspreisen abgeleitet.

Aktuelle Markteinblicke

  • Anleihen, Charudatta Shende

    Kreditmärkte: Stärke unter der Oberfläche, Vorsicht darüber

    Die globalen Kreditmärkte sind bemerkenswert stark in das letzte Quartal 2025 gestartet. Die Fundamentaldaten der Unternehmen bleiben robust: Die Gewinne in den meisten Sektoren haben positiv überrascht, die Verschuldung ist gering, und die Bilanzen sind solide – im Gegensatz zu den Staatsbilanzen, deren Verschuldung weiterhin hoch ist.
  • Research Paper, Anleihen, Diquel Dos Santos, Portfolio Construction

    CoCo-Bonds: Einblicke von einem Credit-Experten

    Candriam ist seit langem für seine führende Rolle im Bereich ESG bekannt, aber unser Ruf beruht auch auf unserer umfassenden Credit-Kompetenz - wir analysieren nicht nur die Emittenten, sondern die gesamte Architektur der Finanzmärkte.
  • Anleihen, Charudatta Shende

    Chancen auf dem Anleihemarkt: Die Rückkehr der Zinskurve

    Die globalen Zinsmärkte treten in eine neue, entscheidende Phase ein: Die seit Jahren beobachtete Abflachung der Renditekurven wird abgelöst durch einen steileren Verlauf der Renditekurve, wie sie zuletzt 2011 zu sehen war. Mit dieser Entwicklung ist auch die Term-Prämie zurückgekehrt – jener Renditeaufschlag, den Investoren für langfristige Anleihen im Vergleich zu Kurzläufern verlangen.
  • Anleihen

    De-correlation on both sides of the Atlantic

    On rates markets, August and the first week of September were marked by a noticeable de-correlation on both sides of the Atlantic. While Euro rates moved sideways, Treasury yields declined significantly, especially at the short end of the curve. This shift and steepening of the curve reflects a weakening labour market, accelerating Fed rate cut expectations.
  • Anleihen

    Positive performance despite market volatility

    June proved to be a fraught month for market participants—marked not only by record-breaking heatwaves, but also by a barrage of geopolitical and macroeconomic developments that tested investor nerves.

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